Wirkt: Behandlungszentrum für Folteropfer

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zwei Frauen an einem kleinen runden Tisch gegenüber eine Frau im blauen Kopftuch von hinten
Seit 30 Jahren bietet das BFU in Ulm traumatisierten Geflüchteten, Folter- und Gewaltüberlebenden Psychotherapie, psychosoziale Beratung und Begleitung an.

„Weil es wirkt!“ Mit Nachdruck beschreibt Noémi Földes-Cappellotto, warum sie tut, was sie tut. Die promovierte Psychologin arbeitet seit fast drei Jahren im Behandlungszentrum für Folteropfer (BFU) in Ulm, zunächst im Projektbereich, seit Januar 2025 leitet sie es. Das BFU, das vom Reha-Verein für soziale Psychiatrie Donau-Alb e. V. getragen wird, bietet traumatisierten Geflüchteten, Folter- und Gewaltüberlebende Psychotherapie, psychosoziale Beratung und Begleitung an. Földes-Cappellotto betont, wie schön es sei, wenn sie im Alltag auf einstige Klient*innen trifft und sieht, dass es ihnen gut geht. „Und wir haben dazu beigetragen.“ 

Mit „wir“ meint sie über 60 Menschen in den Bereichen Psychotherapie, Sozialarbeit, Kunsttherapie, Projekte, Öffentlichkeitsarbeit, Verwaltung. Darunter sind auf Honorarbasis auch fast 50 Dolmetscher*innen für 30 Sprachen, sechs Psycholog*innen in Ausbildung, drei psychologische Psychotherapeut*innen sowie eine Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. 

30 Jahre: 3.000 Klient*innen

2024: 240 Menschen

die im BFU Hilfe suchten

Seit vor 30 Jahren Ulmer Bürger und die deutsche Sektion der Menschenrechtsorganisation Amnesty International das BFU als erstes in Baden-Württemberg gründeten, wurden fast  3.000 teils schwer traumatisierte Überlebende von Gewalt und Folter behandelt. Vergangenes Jahr suchten 260 Menschen im BFU Hilfe. „Vor allem  aus der Türkei, seit vielen Jahren die Nummer eins der Herkunftsländer, wo die kurdische Minderheit verfolgt und inhaftiert wird. Danach kommen Afghanistan, Irak, Ukraine.“ Alle Klient*innen seien besonders schutzbedürftig gewesen – darunter Menschen mit Behinderung, schweren körperlichen Erkrankungen, Ältere, Schwangere, Alleinerziehende und queere Personen –, hatten psychische und körperliche Gewalt erlebt, Folter, Menschenhandel, Vergewaltigung, Genitalverstümmelung und mehr.  

„Die ganze schreckliche Palette“, so Földes-Cappellotto. Und sie macht deutlich, dass man traumatisierte  Menschen mit bedarfsgerechten,  individuellen Maßnahmen dabei unterstützen kann, symptomfrei oder beschwerdefrei zu leben beziehungsweise gar zu heilen. „Diese Botschaft ist wichtig, denn es geistern falsche Vorstellungen herum, die populistisch ausgenutzt werden.“ 

Sie spricht die Debatten zum Asylrecht und die aktuellen Grenzkontrollen  an. Da schüre man unnötig Angst. Zwar werde von Menschenrechten  gesprochen, aber das Bewusstsein sei oft nicht da, wie sehr diese und die Demokratie immer wieder gerade angesichts multipler Krisen und Herausforderungen zur Disposition stünden.

Sie nennt den Fall einer Frau, die in einem afrikanischen Land politisch verfolgt, inhaftiert und vergewaltigt wurde. „Sie bekam ein Kind, ist eine tolle Mutter – und doch wurde ihr Aufenthalttitel abgelehnt. Wer hat solch einen Titel mehr verdient als sie?“ Umso wichtiger, dass das Team auch Positives teile, etwa, wenn Klienten eine Wohnung gefunden haben. Oder wenn Traumatisierte, die oft keine Nähe  ertrügen, plötzlich nach einer Sitzung die Psychotherapeutin umarmten.  „Das ist dann ein großer Erfolg.“

 

Autorin: Petra Mostbacher-Dix M.A. Journalistin, Kunsthistorikerin, Dozentin