75 Jahre: Der Paritätische für das Leben. Weil alle zählen!

Pressemitteilung - geschrieben am 19.09.2023 - 21:03

Stuttgart 20.09.2023 Zum 75. Jubiläum des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg fand im Neuen Schloss in Stuttgart mit 300 Gästen ein Festakt mit Preisverleihung statt. Zum ersten Mal wurde der Engagementpreis #PariEngage – die Auszeichnung für innovatives Engagement in der freien Wohlfahrtspflege - in den Kategorien „Jugend“, „Neue Ansätze zur Unterstützung von Menschen in besonderen Lagen“ und „Medien“ unter Schirmherrschaft von Sozialminister Manne Lucha vergeben. Im Anschluss daran gab es auf dem Stuttgarter Schlossplatz unter dem Motto „Der Paritätische für das Leben. Weil alle zählen.“ ein Bürgerfest mit Infoständen, Aktionen und Bühnenprogramm von zahlreichen Mitgliedsorganisationen.

Zahlreiche Impulsgeber unterstrichen die Bedeutung der Sozialwirtschaft:

Manne Lucha MdL, Minister für Soziales, Gesundheit und Integration in Baden-Württemberg:

„Ich gratuliere dem Paritätischen als einem starken, unverzichtbaren Partner im Namen der gesamten Landesregierung herzlich zu 75 Jahren Solidarität und Menschlichkeit, Wertschätzung und Teilhabe. Die Vielfalt der Mitglieder des Paritätischen ist ein großes Pfund, um in schwierigen Zeiten und bei mitunter heftigem Gegenwind den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gestalten. Und sie ist ein besonderes, gutes Beispiel für gelingende Subsidiarität.“

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Berlin:

„Das Jubiläum des Landesverbandes Baden-Württemberg fällt in eine sehr dramatische Zeit: Wir haben derzeit die schlimmsten Haushaltskürzungen, mit denen wir als Wohlfahrtspflege in den vergangenen 30 Jahren je zu tun hatten. Wenn dies wirklich so umgesetzt würde, hätte das verheerende Folgen. Jede 3. Freiwilligen-Stelle beispielsweise würde entfallen und das in einer Zeit, in der wir eher einen größeren Bedarf haben. Soziale Einrichtungen würden schließen müssen, obwohl wir auch und gerade für geflüchtete Menschen und Menschen mit psychosozialen Belastungen eher mehr Unterstützung benötigen. Statt alles für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu tun, wird jedoch vielfach diffamierend Stimmung gegen Menschen in Not gemacht“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Umso wichtiger sei die tagtägliche Arbeit im Paritätischen und seiner Mitgliedsorganisationen. Er dankte dem Landesverband Baden-Württemberg und allen Haupt- und Ehrenamtlichen in den Mitgliedsorganisationen und wünschte viel Kraft für die nächsten 75 Jahre.

Holger Wilms, Aufsichtsratsvorsitzender des Landesverbandes Der Paritätische Baden-Württemberg, Stuttgart:

Aufsichtsratsvorsitzender Holger Wilms hob neben den schwierigen Rahmenbedingungen und großen Herausforderungen die Notwendigkeit der Arbeit der über 900 Mitgliedsorganisationen hervor: „Wir brauchen den Paritätischen mit seinen Aktivitäten, seinen Angeboten, seinen Strukturen, vor allem aber seinen Werten, so dringend, wie lange nicht mehr!“ Gerade in Zeiten, in denen andere die zentralen Werte des Grundgesetzes lautstark missachteten und die Unantastbarkeit der Würde und die Gültigkeit der Menschenrechte jedes einzelnen Individuums verachteten, brauche es das Erleben von Solidarität und Gerechtigkeit. „Paritätische Organisationen tragen tagein, tagaus im Land durch ihre herausragende Arbeit zu einer vielfältigen, offenen, bunten, inklusiven, queeren und solidarischen Gesellschaft bei – und das trotz aller alltäglichen und strukturellen Schwierigkeiten.“ Er wünschte dem Landesverband Baden-Württemberg eine gedeihliche Weiterentwicklung.

Uta-Micaela Dürig, sozialpolitische Vorständin des Landesverbandes Der Paritätische Baden-Württemberg, Stuttgart:

„Soziale Einrichtungen und Dienste stehen heute u.a. aufgrund von erheblichen Kostensteigerungen vor großen Herausforderungen, gleichzeitig steigt der Bedarf an Sozialer Arbeit deutlich an. Deshalb ist es mehr denn je wichtig, die Soziale Arbeit zu stärken. Denn sie hält die Gesellschaft zusammen. Sie ist im Auftrag des Staates tätig. Und sie benötigt damit bessere Rahmenbedingungen, um ihre Arbeit für die Menschen im Land durchführen zu können“, sagte Uta-Micaela Dürig, Vorständin Sozialpolitik des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. „Denn: Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, niemanden zurückzulassen und den Zusammenhalt in unserem Land trotz aller Veränderungen zu stärken. Gemeinsam mit unseren Mitgliedsorganisationen sehen wir uns in der Verantwortung, für eine offene, vielfältige und tolerante Gesellschaft einzustehen, in der jeder Einzelne auf Grundlage unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung friedlich und individuell leben kann. Dabei helfen die sozialen Innovationen, die geschaffen werden: innovative Lösungen für die Herausforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft. Deshalb sind Investitionen in Soziale Arbeit Investitionen in die Zukunft von uns allen.“

Engagementpreis #PariEngage: Drei Preisträger mit starken Impulsen

Beim neuen Engagementpreis #PariEngage – die Auszeichnung für innovatives Engagement in der freien Wohlfahrtspflege - wurden Jugendliche, ein innovatives soziales Projekt von einer sozialen Einrichtung und ein Journalist ausgezeichnet. Die Preisträger*innen erhielten den Preis und eine Urkunde von Minister Manne Lucha persönlich überreicht.

In der Kategorie „Jugend“ bekamen junge Reporter*innen von Radio RiO, Kinderklinikradio im Olgahospital in Stuttgart, einen Preis. Prof. Dr. Christiane Nakao für Soziale Arbeit an der IU Internationale Hochschule in Stuttgart hob in ihrer Laudatio Radio RiO als ein Mitmachradio von Kindern für Kinder hervor, bei dem die Kinder in Sachen Programm mitreden, es mitgestalten und mitmachen. Prof. Nakao: „Das ist gelebte Partizipation und aktives Engagement junger Menschen. Die RiO-Reporter*innen produzieren gemeinsam mit der Volontärin von Hitradio Antenne 1 Beiträge, die dann bei Radio RiO gesendet und von allen Kindern im Olgahospital gehört werden und vom tristen Krankenhausaufenthalt ablenken können. Dieses Engagement der jungen Patient*innen verdient große Anerkennung.“

In der Kategorie „Neue Ansätze zur Unterstützung von Menschen in besonderen Lagen“ wurde das Projekt von dem Sozialunternehmen Mühlwerk Sinneswandel e.V. aus Bruchsal ausgezeichnet. Dabei geht es um die Teilhabe von Menschen mit schwerer Behinderung, die durch alle Raster fallen, denen Teilhabe verwehrt wird in allen Bereichen der Gesellschaft. Prof. Dr. Jeanette Pohl betonte in ihrer Laudatio: „Es ist ein Leuchtturmprojekt und zeigt, wie Teilhabe ohne komplizierte gesetzliche Regelungen gelingen kann. Das Projekt ist gleichermaßen gut umsetzbar wie kopierbar, es ist von Dauer und hat einen hohen Nachhaltigkeitsaspekt. Und schließlich erfüllt es die Paritätischen Grundwerte Vielfalt, Offenheit und Toleranz mit Leben.“

In der Kategorie „Medien“ wurde der Journalist Andrew Müller für seinen Beitrag zur Sterbehilfe „Noah will sterben“, veröffentlicht im Zeitmagazin und im GO-Magazin (Magazin der Reportageschule in Reutlingen) ausgezeichnet. Rafael Binkowski, Chefredakteur des Staatsanzeigers für Baden-Württemberg, strich in seiner Laudatio hervor: „Noah will sterben“ ist ein handwerklich brillanter Artikel über ein Thema, bei dem uns oft die Worte fehlen. Der Autor schafft es, ein gesellschaftlich brisantes Thema so darzustellen, dass der Leser den Personen nahekommt – ohne dabei reißerisch zu wirken. Die Art der Darstellung erlaubt den Blick von verschiedener Seite auf das Thema und zeigt schließlich auch: Zum Leben gehört der Tod und es ist wichtig, die Menschen auch hierbei nicht allein zu lassen. „Noah will sterben“ ist ein Artikel über Selbstbestimmung, der gleichzeitig die Frage nach der Wertigkeit unseres Lebens stellt.“

Sozialpolitische Vorständin Uta-Micaela Dürig unterstrich, dass mit diesem Engagementpreis besonderes Engagement für und in der Wohlfahrtspflege ausgezeichnet und vor allem auch wertgeschätzt werden solle. Mit dem Medienpreis wolle der Landesverband Baden-Württemberg darüber hinaus bei Journalist*innen für eine Berichterstattung über die Sozialwirtschaft werben: „Über die Arbeit für und mit Menschen unter teils sehr schwierigen  Rahmenbedingungen kann man nicht genug berichten. Unsere 50.000 Ehrenamtlichen und 80.000 Hauptamtlichen sind engagierte, innovative Wohlfahrtsaktivist*innen, die Menschen in Not und schwierigen Situationen unterstützen und die mit ihnen zusammen Perspektiven erarbeiten. Ohne sie wäre unsere Gesellschaft eine andere.“

Seit 75 Jahren ein wachsender innovativer Verband

Seit 75 Jahren gibt es den Paritätischen in Baden-Württemberg. Bei der Gründung 1948 waren Einrichtungen in den Bereichen Gesundheit, Erziehung, Wirtschaftsfürsorge wichtig, in den 60er Jahren kamen mehr Initiativen durch freiwilliges bürgerschaftliches Engagement dazu wie zum Beispiel Elternvereine der Lebenshilfe, Einrichtungen der Vorschulpädagogik, Eltern-Kind-Initiativen, Jugendfarmvereine, Initiativen der extramuralen psychiatrischen Nachsorge, Suchtkrankenhilfe; in den 70er Jahren auch immer mehr Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeinitiativen, Frauenhäuser, in den 80er Jahren verstärkt Frauen- und Mädchenprojekte, aber auch Arbeitslosenhilfen und Beschäftigungsinitiativen für langzeitarbeitslose Jugendliche und Erwachsen. In den 90er und 2000er Jahren haben diese sich auch immer weiter detailliert, es gab innovative Konzepte, die sich auf gesellschaftliche Veränderungen stützen und spezielle Problemlagen stärker adressieren. Bis heute begleiten, betreuen und unterstützen die vielfältigen Paritätischen Trägervereine Menschen in allen Lebenslagen von der Familienplanung, Familienphase, Schule, Ausbildung und Beruf bis hin zu schwierigen Lebensphasen und Krisensituationen, Krankheit, Pflege und Palliativbegleitung.

 

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