Stuttgart 09.09.2024 Nach aktuellen Schätzungen werden in Deutschland mehr als 10. 000 Kinder pro Jahr mit Fetalen Alkoholspektrum-Störungen geboren. Davon weisen rund 3.000 Kinder die schwere Form auf, das Fetale Alkoholsyndrom (FASD). Diese Kinder leiden in der Regel unter Organ- und Skelettfehlbildungen, hirnorganischen Beeinträchtigungen, Entwicklungsstörungen und extremen Verhaltensauffälligkeiten. Trotzdem werden in vielen Fällen die Anzeichen und Symptome von FASD nicht erkannt, nicht diagnostiziert oder fehldiagnostiziert, was zu einer großen Herausforderung und ständigen Belastung für die betroffenen Familien führt. Laut Universitätsklinikum Münster werden 80 Prozent dieser Kinder aus den Herkunftsfamilien genommen, so dass jedes vierte bis fünfte Pflegekind davon betroffen ist. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg und PFAD FÜR KINDER e.V. Landesverband Baden-Württemberg fordern zum Internationalen Tag des alkoholgeschädigten Kindes (09.09.) eine bessere FASD-Früherkennung und Frühförderung für die betroffenen Kinder sowie eine Unterstützung und Begleitung von Pflegefamilien durch spezielle FASD-Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe sowie den Jugendämtern im Land.
„Besonders oft machen Pflegeeltern die Erfahrung, dass die ihnen anvertrauten Kinder Auffälligkeiten zeigen, die auf eine FASD Schädigung hindeuten. Häufig wissen sie nichts über den Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft und müssen viel zu oft eine Odyssee hinter sich bringen, um diese Verdachtsdiagnose abzuklären und entsprechende Fördermaßnahmen für Kind und Familie zu erhalten“, sagt Florian Dirr, Leiter des Bereichs Krisenintervention und Existenzsicherung beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg. FASD sei auch bei Fachkräften der Sozialen Arbeit, die Pflegeltern begleiten, noch viel zu wenig bekannt. Deshalb müssten alle Berufsgruppen, die in entsprechenden pädagogischen, sozialpädagogischen und gesundheitlichen Diensten tätig seien, zur Entstehung sowie zu den Folgen und Symptomen von FASD geschult werden, damit sie diese erkennen und einordnen könnten. Dies erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass die erforderlichen Hilfen für die Kinder und Pflegeeltern frühzeitig und effektiv aktiviert und eingeleitet sowie die entsprechenden Kosten übernommen werden, so Dirr.
„Pflegefamilien wenden sich häufig in Krisensituationen an uns, wenn sie Beistand beim Umgang mit dem Jugendamt oder der Diagnostik ihrer aufgenommenen Kinder brauchen. Damit Pflegeeltern nicht an der schwierigen Aufgabe der Betreuung betroffener Kinder scheitern, müssen die Fachkräfte der Jugendämter gegenüber Pflege- oder Adoptivfamilien von Anfang an offen mit dem Alkoholkonsum der Mutter in der Schwangerschaft umgehen. Denn je früher von FASD betroffene Kinder unterstützt und gefördert werden, desto höher sind die Chancen, sie in der Familie und gesellschaftlich zu integrieren“, erklärt Nascha Werz, Landesvorsitzende von PFAD FÜR KINDER e.V. Landesverband Baden-Württemberg. Darüber hinaus brauche es bei jedem Jugendamt in Baden-Württemberg eine FASD Fachkraft als Ansprechpartner*in, ähnlich den Autismusbeauftragten, so Werz.
Pressekontakt: PFAD FÜR KINDER e.V. Landesverband Baden-Württemberg, Frau Nascha Werz, Landesvorsitzende, E-Mail: nascha.werz@web.de.
Hintergrundinformation:
Internationaler Tag des alkoholgeschädigten Kindes am 9. September 2024
Auf Initiative der Organisation FASworld wird seit 1999 am 9. September der "Tag des alkoholgeschädigten Kindes" begangen. Ziel ist es, auf die Situation von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aufmerksam zu machen, die mit einer alkoholbedingten Schädigung geboren wurden.
Der Paritätische Baden-Württemberg
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist weder konfessionell, weltanschaulich noch parteipolitisch gebunden. Der Verband steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. Ihm sind in Baden-Württemberg über 920 selbständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2.000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche. Weitere Infos unter www.paritaet-bw.de