Stuttgart 29.05.2024 Die Zahl der Drogentoten ist 2023 bundesweit auf 2.227 Menschen weiter gestiegen. Das sind 12 Prozent mehr als im Vorjahr und mehr als doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Die häufigsten Todesursachen sind nach wie vor Heroin und Langzeitfolgen des Drogenkonsums. Bei 1479 der Verstorbenen wurde ein Mischkonsum verschiedener illegaler Substanzen festgestellt. Das sind 34 Prozent mehr als 2022. Bei 712 Todesfällen war Heroin im Spiel. Damit ist Heroin zwar immer noch die am häufigsten mit Todesfällen verbundene Substanz, aber das mit leicht rückläufiger Tendenz (Vorjahr: 749). Deutliche Anstiege wurden bei Todesfällen im Zusammenhang mit Kokain und Crack (610 statt 507) sowie Opiat-Substitutionsmitteln festgestellt (654 statt 528). Auch die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Metamphetaminkonsum liegt signifikant höher als im Vorjahr (122 statt 47 Fälle). Das ergeben die heute vom Bundesdrogenbeauftragten veröffentlichten Zahlen zu den Drogentoten 2023. In Baden-Württemberg hingegen ist die Zahl der Todesfälle in 2023 von 179 auf 141 Todesfälle zurückgegangen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband-Baden-Württemberg sieht darin keinen Grund zur Entwarnung. Die Suchtberatungsstellen im Land seien seit Jahren chronisch unterfinanziert und die ambulante Grundversorgung für Suchtkranke auf Dauer nicht gesichert. Auch zur Verhinderung von Drogentodesfällen müssten die Landesmittel für die Suchtberatung ab dem Doppelhaushalt 2025/2026 eine jährliche Dynamisierung erfahren, die sich zumindest an den Tarifsteigerungen orientiert, so der Verband.
„Suchtgefährdete und abhängigkeitskranke Menschen haben häufig einen komplexen Unterstützungsbedarf und benötigen niedrigschwellige Hilfen und Beratungsangebote wie Streetwork, Kontaktläden, Drogenkonsumräume, Safer Use-Angebote und Offene Sprechstunden in Jobcentern, Kliniken u.a.. Eine gut ausgestattete ambulante Sucht- und Drogenhilfe rettet Menschenleben und bewahrt die öffentliche Hand vor immensen Folgekosten. Nach einer Studie zum Social Return On Invest (2022) für Bayern spart jeder Euro, der von der öffentlichen Hand in die Suchtberatung investiert wird, gesellschaftliche Kosten in Höhe von 17 Euro“, sagt Uta-Micaela Dürig, Vorständin Sozialpolitik des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. Während die meisten Kommunen ihren jährlichen Zuschuss für die Suchtberatungsstellen den Kostensteigerungen weitestgehend anpassten, sei der Landeszuschuss seit 1999 nicht erhöht worden. „Der Eigenanteil der Einrichtungen ist mittlerweile von 10 bis 15 Prozent auf 25 Prozent und mehr gestiegen. Das langjährig steigende strukturelle Finanzierungsdefizit in der ambulanten Suchthilfe hat bereits jetzt zum schleichenden Rückbau der Angebote geführt. Um diesen Trend der Unterversorgung für suchtkranke bzw. drogenkonsumierende Menschen zu stoppen, muss das Land jetzt nachhaltig in eine stabil finanzierte Suchtberatung investieren. Denn Investitionen in Soziales sind Zukunftsinvestitionen“, so Dürig.
Um die Finanzierung der Suchtberatungsstellen in Baden-Württemberg zu sichern, haben sich verbändeübergreifend 121 Einrichtungen und 385 Selbsthilfegruppen* zu einem landesweiten Aktionsbündnis „Suchtberatung retten“ zusammengeschlossen, das inzwischen 1136 Unterstützer*innen gefunden hat. Weitere Infos unter https://suchtberatung-retten.de/
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg - gegründet 1948 - ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist konfessionell, weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig. Er steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. In den kommenden Jahren wird sich der Paritätische Baden-Württemberg verstärkt drei Strategiefeldern widmen: - Zusammenhalt in einer vielfältigen, inklusiven und demokratischen Gesellschaft - zukunftsfähige Lebensräume - Soziale Innovationen. Ihm sind in Baden-Württemberg über 900 selbständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche. Mit 37 ambulanten Suchthilfeeinrichtungen und über 200 Fachkräften ist der Paritätische der größte Suchthilfeträger in BW. Weitere Infos unter www.paritaet-bw.de