Gebärdensprache als Amts- und Minderheitensprache anerkennen

Bunte Männchen

Stuttgart/Freiburg i.Br.  – 23.09.2025 - Deutschlandweit verwenden ca. 250.000 Menschen die Deutsche Gebärdensprache (DGS). Dazu gehören neben Gehörlosen auch Menschen mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit. Für rund 80.000 Menschen ist es die Muttersprache, 4.000 von ihnen leben in Baden-Württemberg. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg und Barrierefreie Kommunikation e.V. fordern anlässlich des Internationalen Tags der Gebärdensprache (23.09.), die Deutsche Gebärdensprache als Amts- und Minderheitensprache anzuerkennen. Als offizielle Sprache sei der Zugang zur Gebärdensprache in allen Lebensbereichen verpflichtend und zuverlässig gewährleistet. Bisher bestehe der rechtliche Anspruch auf Gebärdensprachdolmetscher-Leistungen lediglich in einzelnen Lebensbereichen wie medizinischer Versorgung, Behördengängen, Gericht und Arbeitsleben sowie bei besonderen Anlässen wie Familienfeiern und Elternabenden, so die Verbände.

"Die Deutsche Gebärdensprache ist zwar als eigenständige Sprache im Behindertengleichstellungsgesetz anerkannt, aber der Zugang zu Gebärdensprache ist damit nicht in allen Lebensbereichen gesichert. Deshalb ist es notwendig, sie als offizielle Amts- und Minderheitensprache anzuerkennen“, sagt Heike Händel, Referentin im Bereich Soziale Rehabilitation, Teilhabe und Inklusion beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg. Damit werde zudem die Deutsche Gebärdensprache und die Kultur gehörloser Menschen unter besonderen Schutz gestellt und ihre Anwendung in der Schule, beim Zugang zu Informationen und bei der Kommunikation mit Hörenden gefördert, so Händel. 

 

„Gehörlose sind bundesweit gleich benachteiligt, doch die Unterstützung variiert stark zwischen den Bundesländern. Einige Länder bezahlen Gehörlosen- oder Taubblindengeld, andere nicht und die Beträge unterscheiden sich erheblich. Baden-Württemberg ist Schlusslicht: Hier gibt es weder Gehörlosengeld noch Taubblindengeld, obwohl die UN-Behindertenrechtskonvention einen Nachteilsausgleich fordert. Für Betroffene ist nicht nachvollziehbar, warum die Regelungen so uneinheitlich sind“, kritisiert Fabian Hatwagner, der ebenfalls die Gebärdensprache zur Kommunikation nutzt und Vorstandsvorsitzender des Vereins Barrierefreie Kommunikation e. V. in Freiburg i.Br. ist.

„Die Gebärdensprache ist unser Schlüssel zu gleichberechtigter Kommunikation und gesellschaftlicher Teilhabe. Sie ermöglicht uns, Barrieren abzubauen und unsere Lebensqualität deutlich zu verbessern. Dennoch stoßen wir in Deutschland weiterhin auf viele Hürden, obwohl Barrierefreiheit ein Menschenrecht ist“, erklärt Kresimir Rudic, Berater für digitale Teilhabe von Barrierefreie Kommunikation e.V. in Freiburg i.Br..

Pressekontakt

Barrierefreie Kommunikation e.V. in Freiburg i.Br., Fabian Hatwagner und Kresimir Rudic, E-Mail: info@bfk.onewww.bfk.one

Hintergrundinformationen:

Der Internationale Tag der Gebärdensprache ist ein Aktionstag der jährlich am 23. September stattfindet. Man legte sich auf diesen Tag fest, weil der Weltverband der Gehörlosen (WFD) am 23. September 1951 gegründet wurde.

Die Deutsche Gebärdensprache besteht aus Handzeichen, Mimik und Körperhaltung und ist so laut dem Deutschen Gehörlosenbund e.V. eine visuell-manuelle Sprache. Sie ist eine natürlich entstandene vollwertige Sprache mit einem umfassenden Vokabular und einer eigenständige Grammatik. Zum Beispiel gibt es in der Gebärdensprache keine Artikel, wie „der“, „die“ oder „das“. Jede Gebärde besteht aus einem Zusammenspiel von Handformen, der Kopf- und Körperhaltung, dem Mundbild (die Stellung und die Lage der Zunge zum Erkennen einzelner Laute) und der Mimik. Sie hat eine eigene Grammatik, die nicht mit der deutschen Lautsprache identisch ist. (Quelle: Aktion Mensch)

Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist konfessionell, weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig. Er steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. Ihm sind in Baden-Württemberg über 940 selbständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2.000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche. Weitere Infos unter www.paritaet-bw.de