Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg fordert Kinder mit besonderem Förderbedarf vorrangig zu berücksichtigen

Pressemitteilung - geschrieben am 07.05.2020 - 13:43

Stuttgart 07.05.2020   Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg begrüßt die Entscheidung von Kultusministerin Susanne Eisenmann, ab 18. Mai den eingeschränkten Regelbetrieb in Kitas auf bis zu 50 Prozent der Kinder wieder aufzunehmen. Der Verband fordert dringlich, sozial benachteiligte und gefährdete Kinder vorrangig zu berücksichtigen. Als Schutzkonzept seien konkrete Vorgaben für kitagerechte Schutz- und Hygienemaßnahmen erforderlich. Für Erzieher*innen, die zur Corona Risikogruppe gehörten, seien Home-Sonderregelungen notwendig. Bei der Refinanzierung ausfallender Elternbeiträge müsse das Land eine auskömmliche Regelung für alle Kitaträger schaffen auch für die freigemeinnützigen.

„Für sozial benachteiligte Kinder und Kinder mit besonderem Förderbedarf ist es besonders wichtig, dass der Kitabetrieb wieder aufgenommen wird“, erklärt Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. „Sie müssen bei der Aufnahme des eingeschränkten Regelbetriebs vorrangig berücksichtigt werden. Denn die häusliche Förderung reicht für viele dieser Kinder nicht aus. Sei es, dass die Wohnsituation zu beengt ist, die Eltern die deutsche Sprache nicht sprechen oder die Kinder vor allem andere Kinder brauchen, um Fortschritte in ihrer Entwicklung zu machen. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass diese Kinder erworbene Fähigkeiten wieder verlieren und später vielleicht auch nicht mehr aufholen können“, warnt Wolfgramm.

Für den Einstieg in den eingeschränkten Regelbetrieb seien landeseinheitliche und konkrete Vorgaben zu Schutz- und Hygienemaßnahmen in den Kitas und Unterstützung bei der Beschaffung des Materials vom Land erforderlich. „Wichtig ist, dass die Maßnahmen praktikabel für den Kitaalltag und vor allem kindgerecht sind“, betont Wolfgramm. „Die Mimik spielt in der pädagogischen Arbeit eine wichtige Rolle. Der erforderliche Mund-Nasen-Schutz kann Kinder stark verunsichern, sogar ängstigen und zu Missverständnissen in der Kommunikation führen. Das Kind muss immer wissen, wer hinter der Maske steckt“, so die Vorstandsvorsitzende. In den Kindertageseinrichtungen brauche es alternative Schutzmaßnahmen zum Tragen einer Maske.

Außerdem mahnt der Verband, für Kitapersonal, welches zur Risikogruppe gehöre, Regelungen wie beim Lehrpersonal zu schaffen und sie von der Präsenzpflicht in der Kita zu befreien. Stattdessen könnten sie beispielsweise von zuhause aus den Kontakt zu Kindern und Eltern halten, die nicht in die Kita können, und diesen Anregungen für die Bewältigung des familiären Alltags geben. Bei Wiederaufnahme des Regelbetriebs benötige diese Personengruppe ein Überbrückungsgeld in Höhe von 80 bzw. 87 Prozent des Verdienstausfalls, wenn Kinder im Haushalt lebten.

Die derzeitige Praxis der Kommunen, ausfallende Elternbeiträge gar nicht oder nur bis maximal zur Höhe der kommunalen Beiträge zu refinanzieren, kritisiert Wolfgramm scharf. Der in der Gesamtfinanzierung geforderte Kita-Träger-Eigenanteil ist derzeit nicht aufzubringen. „Das Land muss auskömmliche Regelungen auch für frei gemeinnützige Kita-Träger schaffen. Die Kommunen dürfen sich hier nicht aus der Finanzierungsverantwortung nehmen können“, so die Vorstandsvorsitzende. Das bedrohe die Existenz dieser Einrichtungen massiv. Und fehlende Kita-Plätze seien in Anbetracht des weiterhin steigenden Betreuungsbedarfs und des Rechtsanspruchs der Eltern auf einen Kitaplatz eigentlich das, was eine Kommune mit allen Mitteln verhindern sollte.

Hintergrundinformation:

Finanzierungssystematik der Kindertageseinrichtungen in Baden-Württemberg

Aufgrund der Finanzierungssystematik der Kindertageseinrichtungen in Baden-Württemberg müssen freie Träger einen Teil ihrer Betriebskosten selbst erwirtschaften. Die gesetzliche Mindestförderung beträgt bei Einrichtungen für Kinder unter 3 Jahren 68 Prozent und für Kinder über 3 Jahren 63 Prozent. Unter Berücksichtigung der in den "Gemeinsamen Empfehlungen der Kirchen und der Kommunalen Landesverbände" festgelegten Elternbeiträge in Höhe von 20 Prozent der Betriebsausgaben, beträgt somit die maximale Eigenleistung immer noch 12 Prozent für Träger von Krippen und 17 Prozent für Träger von Kindergärten – abhängig jeweils von den vor Ort mit den Kommunen verhandelten Zuschussvereinbarungen.

 

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