Mahnwache von Abtreibungsgegner*innen beeinträchtigt Armutsberatung von Familien

Pressemitteilung - geschrieben am 20.02.2024 - 09:12

Pforzheim/Stuttgart 20.02.2024 In den letzten Jahren kommt es in Deutschland immer wieder in unmittelbarer Nähe von Schwangeren- und Familienberatungsstellen durch Mahnwachen von Abtreibungsgegner*innen zu sogenannten Gehsteigbelästigungen. Auch pro familia Pforzheim ist derzeit wieder davon betroffen. Das setzt nicht nur ratsuchende Schwangere moralisch massiv unter Druck, sondern hält auch Frauen und Familien in prekären Lebenssituationen von einer notwendigen Beratung ab. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg und pro familia Pforzheim begrüßen den Gesetzentwurf auf Bundesebene, ein Verbot von „Gehsteigbelästigungen“ als Ordnungswidrigkeit einzuführen. Allerdings müsse die Schutzregelung für alle Ratsuchenden gelten.

„Die meisten Frauen und Familien, die Bildungs- und Beratungsangebote beanspruchen, sind laut Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) mehrheitlich Familien mit niedrigem (42 Prozent) oder mittlerem sozialem Status (42 Prozent). Sie brauchen Rat und Unterstützung wegen Schulden, drohender Wohnungslosigkeit, Arbeitslosigkeit, Kindererziehung und Partnerschaftskonflikt. Ihr Alltag ist häufig geprägt von sozialer Ausgrenzung, Stigmatisierung und Diskriminierung. Es kostet diese Menschen viel Mut und Überwindung, sich Hilfe zu holen. Und wenn sie dann noch vor der Beratungsstelle auf die Mahnwachen der Abtreibungsgegner*innen stoßen, kehren einige wieder um und verzichten auf die notwendigen Hilfeleistungen mit fatalen Folgen für die ganze Familie“, sagt Uta-Micaela Dürig, Vorständin Sozialpolitik des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. Daher sei es unbedingt notwendig, dass der Gesetzgeber eine akzeptable und wirksame Regelung einführt, die den zu schützenden Personenkreis nicht nur auf Schwangere begrenzt, sondern auf alle Beratungssuchenden ausweitet, so die Vorständin.

„Wir beraten 52 Wochen im Jahr Kinder, Jugendliche und Familien für das Leben von der Hebammensprechstunde über Paar- bzw. Familienberatung, Beratung zur Partnerschaftsgewalt, sozialpädagogischen Familienhilfe bis hin zur Beratung zu finanziellen Hilfen! Sie müssen wie Frauen beim Schwangerschaftskonflikt vor Diffamierungen durch „Gehsteigbelästigungen“ und in ihren Persönlichkeitsgrundrechten geschützt werden“, erklärt Edith Münch, Geschäftsführerin von pro familia Pforzheim e.V.. "Solange die Versammlungen der Abtreibungsgegner*innen in unmittelbarer Nähe unserer Beratungsstelle stattfinden und nicht ordnungsrechtlich geahndet werden, fühlen sich Ratsuchende diskriminiert. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sind wir auf dem "richtigen Weg" und es müssen alle Beratungssuchenden unter den Schutzgedanken fallen“, so Münch.

Pressekontakt:

pro familia Pforzheim e.V., Edith Münch, Geschäftsführerin, Tel. 07231/607586-40, E-Mail: edith.muench@profamilia.de

 

Hintergrundinformationen

Schwangerenberatungsstellen

Staatlich anerkannte Schwangerenberatungsstellen beraten nicht nur im Schwangerschaftskonflikt. Zum Beratungsangebot gehören unter anderem Armutsprävention wie z.B. die Beantragung von Stiftungsmitteln, oder die Beratung zum Mutterschutz, Eltern- und Kindergeld sowie. Ehe-, Familien- und Paarberatung.

Welttag der sozialen Gerechtigkeit

Der Welttag der sozialen Gerechtigkeit am 20.02. ist ein Aktionstag, der 2009 von den Vereinten Nationen (UNO) eingeführt wurde. Der Tag soll an das Leitbild der sozialen Gerechtigkeit in Gemeinschaften erinnern. In Deutschland wird soziale Gerechtigkeit als ideelles Ziel angesehen. Der Sozialstaatsgedanke leitet sich dabei aus Artikel 20, Absatz 1 Grundgesetz ab, in dem es um das Bestreben der Sozialpolitik geht, den Bürger*innen eine existenzsichernde Teilhabe an den materiellen und geistigen Gütern der Gemeinschaft sowie die Führung eines selbstbestimmten Lebens in Würde und Selbstachtung gewährleistet wird.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg - gegründet 1948 - ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist konfessionell, weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig. Er steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. In den kommenden Jahren wird sich der Paritätische Baden-Württemberg verstärkt drei Strategiefeldern widmen: - Zusammenhalt in einer vielfältigen, inklusiven und demokratischen Gesellschaft - zukunftsfähige Lebensräume - Soziale Innovationen. Ihm sind in Baden-Württemberg über 900 selbständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche. Weitere Infos unter www.paritaet-bw.de

Pro familia Pforzheim e.V. wurde 1976 gegründet und ist Trägerorganisation einer seit 40 Jahren anerkannten Schwangeren-Beratungsstelle und seit 2000 eines Fachbereiches der Sozialpädagogischen Familienhilfe. pro familia bietet geschlechts- und kultursensible sowie niederschwellige Beratung und Unterstützung zu allen Fragen rund um Familie, Partnerschaft, Schwangerschaft und Sexualität, unabhängig von Alter, Nationalität oder Religionszugehörigkeit. Weitere Infos unter https://www.profamilia.de/angebote-vor-ort/baden-wuerttemberg/pforzheim

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