Wie der Paritätische Baden-Württemberg sein 75-jähriges Jubiläum am 21. September feierte, so hatte seine Mitgliedsorganisation, das Korczak-Haus Freiburg e. V. nur zwei Tage später ebenfalls einen ordentlichen Grund zum Feiern: Die Janusz-Korczak-Schule, eine Schule für Kinder mit schweren Mehrfachbehinderungen wurde 50 Jahre alt!
„50 Jahre Janusz-Korczak-Haus, das ist ein Lehrstück in Empowerment! Eltern gründeten in der Not für ihre Kinder eine Schule, kauften ein Haus, renovierten Räume, stellten Lehrpersonal ein, ein Akt der Selbst-Ermächtigung. Dieses Engagement trägt immer noch Eltern, Vorstand und Mitarbeitende in der Arbeit mit den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in diesem besonderen Haus“, sagt die neue Schulleiterin Ulrike Steffen.
Zahlreiche Gäste versammelten sich um die Bühne, während die Mitarbeiter das selbst umgedichtete Lied "Happy Birthday, JKS!" auf eine Vielen bekannte Melodie sangen und Einrichtungsleiter Andreas Wand sowie Ulrike Steffen offizielle wie persönliche Glückwünsche entgegen nahmen. Annika Beutel, Regionalleitung Südbaden im Paritätischen Baden-Württemberg, gratulierte dem gesamten Team und betonte die Besonderheit dieser herausragende Pionierarbeit des Vereins schon vor 50 Jahren: Damals taten sich Eltern von geistig behinderten Menschen und Menschen mit herausfordernden Verhaltensweisen zusammen um eine Schule für ihre Kinder zu gründen. „Sie gehört mit zu den frühen Gründungen in Südbaden und ist sicherlich die erste mit dem Schweregrad der Behinderungen“, sagt Andreas Wand. Bis heute finden in der Janusz-Korczak-Schule Kinder und Jugendliche mit schweren Mehrfachbehinderungen vom Kindergarten über die Schulzeit bis zum 23. Lebensjahr einen Ort, an dem sie nach ihren Möglichkeiten gefördert werden. Manche Schüler können zusätzlich zu ihrer körperlichen und geistigen Behinderung weder hören, noch sehen, sprechen oder sich gezielt bewegen. Jedes Kind wird in seiner Individualität angenommen.
Im Anschluss an den offiziellen Teil der Feier gab es genügend Platz für Gespräche bei Kaffee und Kuchen, Kinder schaukelten auf der Rolli-Schaukel, bastelten Glitzer-Schmetterlinge, ließen sich die Hände mit Henna-Tatoos bemalen und bewunderten die Zauberkünste von Giaccomo Spirelli. Zu späterer Stunde sorgte eine Jazz-Band für Stimmung. Annika Beutel sprach während der Veranstaltung mit Schülern, Eltern und Lehrern, die sich allesamt sehr begeistert zu diesem "Oase-ähnlichem Ort" äußerten. „Es ist einfach ein toller Ort für meinen Sohn!“, sagte die Mutter eines älteren Schülers und eine andere ergänzte: „Wo sollten wir sonst hin?! Wir haben so ein Glück, dass wir hier sein können!“. Als Besonderheit stellten sie heraus, dass auch der Familienentlastende Dienst (FED) in den den Kindern bekannten Räumen der Schule stattfindet und somit eine enge Verknüpfung zwischen Schule und FED stattfindet/ gewährleistet ist.
„Das war ein schönes Fest, besonders dass so viele ehemalige Familien und Mitarbeitende das Fest besucht und ihre Verbundenheit gezeigt haben“, resümiert Andreas Wand. Er möchte den Moment aber auch nutzen um einen wichtigen Punkt heraus zu stellen: „Seit Jahrzehnten bin ich im Korczak-Haus angestellt und mit Leib und Seele dabei. Ich verstehe nicht, wie man eine solche Schule im Rahmen der Erreichung von Inklusion infrage stellen kann. Das Korczak-Haus schafft Inklusion durch Kooperationen mit Regeleinrichtungen. Die Teilhabe am sozialen Leben wird ermöglicht durch Lerngänge in der Stadt, Arbeitsaufträge, die die älteren Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit einer Assistenz erledigen. Wir bieten öffentlich inklusive Veranstaltungen an, bieten integrative Arbeitsplätze und sind z.B. auch Mitglied im Bürgerverein. Wichtig ist für uns das Einwirken auf die Politik. Auch da haben wir viele Initiativen angestoßen oder begleitet“
Das Korczak-Haus Freiburg e.V. ist seit 1971 Mitglied im Paritätischen Baden-Württemberg. Herr Wand, wie auch einzelne Mitarbeiter, haben sich insbesondere für den Bereich Inklusion im Paritätischen Kreisverband Freiburg/Breisgau-Hochschwarzwald stark engagiert und waren wesentlich am Aufbau des Netzwerk Inklusion Region Freiburg e. V. beteiligt.
